• Das Und-dann-Prinzip

    federKinder, die sich Geschichten ausdenken, erzählen sie meistens so: Ein Vogel saß unter einem Baum. Und dann fiel ihm eine Feder aus. Und dann lag die Feder im Gras. Und dann fand ein kleiner Junge sie. Und dann merkte er, dass es eine Zauberfeder war. Und so weiter und so fort …

    Ich nenne diese Art des Erzählens das Und-dann-Prinzip. Und glaube, dass es eine richtig gute Art ist, sich eine Geschichte zu überlegen. Denn wenn man nach dem Und-dann-Prinzip vorgeht, erkennt man schnell, ob eine Geschichte noch Löcher hat.

    Wie das Und-dann-Prinzip funktioniert? Ganz einfach: Man hat eine Idee für eine Geschichte, sagen wir mal, man weiß, wie die Geschichte beginnen und wie sie enden soll. Nur was im Mittelteil passiert, davon hat man noch keine so genaue Vorstellung. Okay, kein Problem: Werden eben zuerst Anfang und Ende notiert:

    Hänsel und Gretel werden von ihren Eltern im Wald ausgesetzt. (Anfang)
    Hänsel und Gretel töten die Hexe, die sie im Wald gefangengenommen hat, und kehren mit Schätzen aus dem Hexenhaus zu ihren Eltern zurück. (Ende)

    Nun heißt es, eine Verbindung zwischen dem Anfang und dem Ende herzustellen und der Geschichte eine innere Logik zu verleihen. Das funktioniert ganz gut, wenn man die einzelnen Schritte mit „und dann“ verbindet.

    Hänsel und Gretel werden von ihren Eltern im Wald ausgesetzt.
    Und dann suchen sie nach einem Weg aus dem Wald.
    Und dann stoßen sie bei ihrer Suche auf das Lebkuchenhaus.
    Und dann brechen sie einen Lebkuchen ab, weil sie Hunger haben.
    Und dann schaut eine alte Hexe heraus, die durchs Lebkuchenabbrechen auf sie aufmerksam wurde.
    Und dann lockt die Hexe sie ins Pfefferkuchenhaus.
    Und dann schnappt die Hexe ihren Zauberstab.
    Und dann zaubert sie Hänsel in einen Käfig und zwingt Gretel, für sie zu arbeiten.

    Und so weiter, bis man schließlich am Ende ankommt. Schaut man sich die Geschichte nun an, entdeckt man schnell, ob alles aufeinander aufbaut oder ob irgendwo noch etwas fehlt.

    Seitenstränge der Geschichte sind hierbei natürlich noch nicht bedacht, es handelt sich allein um das Grundgerüst, also um eine ziemlich „eindimensionale“ Sache. Aber Verästelungen und Verzweigungen kann man problemlos anfügen, im Fall Hänsel und Gretels z. B. die Geschichte der Eltern: Wie sie sich fühlen und was sie tun, als die Kinder fort sind. Anschließend bietet es sich an, einen Szenenplan zu entwickeln, in dem man festlegt, wann man den einen Handlungsstrang unterbricht und den anderen weitererzählt.

    Natürlich muss man die Geschichte später noch „unterfüttern“, u. a. mit den Hintergründen der Geschichte und den Motiven seiner Figuren. So sollte der Leser beim Beispiel ganz oben noch erfahren, woran der Junge merkt, dass es sich um eine Zauberfeder handelt, doch ist es nicht nötig, diese Erklärung sofort zu liefern.

    Aber in jedem Fall hat man hat erstmal sein Grundgerüst, wenn man das Und-dann-Prinzip anwendet. Und das ist oft die halbe Miete.

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