• Die eigene Stimme finden

    Nicht so ungeduldig sein! Vielleicht ist der Zeitpunkt für eine eigene Erzählstimme noch nicht da.

    Nicht so ungeduldig sein! Vielleicht ist der Zeitpunkt für eine eigene Erzählstimme noch nicht da.

    Die meisten erfolgreichen Autorinnen und Autoren haben ihre ganz eigene Erzählstimme. Stephen King (ja, ich erwähnte ihn schon ab und an …) gehört dazu, genauso jedoch auch Klassiker wie Friedrich Dürrenmatt. Wäre es nicht toll, ebenfalls eine solch unverwechselbare Erzählstimme zu haben? Klar, wäre es das! Doch das bedeutet – von einigen Ausnahmetalenten abgesehen – jede Menge Arbeit.

    Man kann zwar einfach so schreiben,
    aber schreiben kann man nicht einfach so

    Denn eine Erzählstimme entwickelt sich erst mit der Zeit. Mit dem Schreiben ist es ähnlich wie mit dem Klavierspielen, mit der Malerei oder auch dem Handwerk: Nur wer die Pflicht sicher beherrscht, kann zur Kür übergehen. So gibt es wohl kaum Klavierspieler, die nach ein paar Stunden Unterricht glauben, es bereits zur Meisterschaft gebracht zu haben. Und es gibt wohl auch nur selten Fußballer, die nach drei Trainingseinheiten der Ansicht sind, sie könnten jetzt in der Bundesliga mitmischen. Komisch, dass aber immer wieder Menschen, die gerade mal ein paar Texte geschrieben haben, überzeugt sind, sie würden den nächsten Bestseller produzieren. Die mit Vehemenz Eingriffe in ihren Text ablehnen, weil dann ja ihre unverwechselbare Erzählstimme verloren ginge.

    Hey, so funktioniert das nicht!

    Regeln haben ihren Sinn

    Auch beim Schreiben macht Übung den Meister. Bevor man dazu übergeht, Regeln zu brechen, muss man sein Handwerkszeug erlernt haben. Denn nur, wer die Regeln kennt und weiß, wozu sie gut sind, kann für sich selbst entscheiden: „Nö, das mach ich jetzt ganz bewusst anders. Weil es meinem Text das gewisse Extra gibt oder weil meine Figur nun mal dieses gewisse Quäntchen Andersartigkeit braucht, damit sie in sich stimmig ist.“

    Und dann, erst dann entwickelt sich nach und nach die eigene Erzählstimme. Was übrigens nicht heißt, dass die Texte zuvor totaler Mist gewesen wären. Genauso wenig, wie das Haus das von einem Maurergesellen gebaut wurde. Aber der Meister hätte vielleicht den Speis noch haltbarer gemacht oder eine Wand mit weniger Handgriffen hochgezogen. Ebenso ist es mit dem Schreiben.

    (Verflixt, jetzt läuft gerade ne Fliege über meinen Bildschirm. Hau ab, du Fliege, du!)

    Plötzlich ist sie da!

    So sollten alle, die schreiben, die Grundregeln für gutes Deutsch und gute Texte kennen. Dazu gehören so „langweilige“ Sachen wie statt des Passivs lieber das Aktiv zu benutzen. Also z. B. „Er warf den Ball“ zu schreiben, statt „Der Ball wurde geworfen“. Wer nicht nur Sachtexte, sondern auch Geschichten schreiben will, sollte sich außerdem mit den verschiedenen Erzählperspektiven beschäftigen. Oder damit, wie man mit Wörtern Bilder malt und so bei den Leserinnen und Lesern ein Kopfkino erschafft.

    Nach und nach kristallisiert sich dabei dann die eigene Erzählstimme heraus – und zwar, ohne dass man gezielt nach ihr suchen müsste. Das kann ein besonderer Erzählrhythmus sein, den man unwillkürlich bevorzugt, das können aber auch besondere Fähigkeiten sein, die man über die Zeit verfeinert hat. Zum Beispiel Personen mit wenigen Wörtern treffend zu charakterisieren oder aber besonders humorvoll zu schreiben. Die eigene Erzählstimme ist irgendwann einfach da. Und zwar oft, ohne dass man es selbst merkt.

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