Neulich wurde ich gefragt, wie man am besten mit dem Schreiben anfängt. Darüber hatte ich mir bis dahin tatsächlich wenig Gedanken gemacht, denn normalerweise setze ich mich an meinen Schreibtisch und beginne einfach damit. Klar, das ist mein Job und ich habe eine gewisse Routine. Doch eine solche Antwort hilft niemandem weiter.
Also habe ich nachgedacht, was ich an den Tagen mache, an denen das Schreiben auch bei mir nicht so recht fluppt. Viele Lohnschreiber haben ja ihre Kreativitätstechniken, mit denen sie nach kurzer Zeit wieder im Schreibfluss sind. Friedrich Schiller (den ich natürlich nicht mit einem Lohnschreiber vergleichen will) regte angeblich der Geruch faulender Äpfel an.
Leider habe ich so was nicht. Keine Düfte, die mich inspirieren, kein Getränk, das mir den Schreibkick gibt, und auch keine Kreativitätstechnik, die mich beflügelt. Dumme Sache, das! Doch irgendwas muss wohl auch ich machen, wenn die Muse mich nicht küsst. Wobei: Der Musenkuss wird ohnehin überbewertet, Schreiben ist in erster Linie Handwerk und Kopfarbeit. Hinzukommt: Ich schreibe meistens über Sachthemen, da ist die Muse (vielleicht auch der Muserich oder das Mus?) eh weniger dran interessiert. Doch zurück zur Sache.
Nach längerem Nachdenken bin ich dann tatsächlich drauf gekommen, wie ich die Angst vorm weißen Blatt Papier/Bildschirm überwinde: Ich schreibe alles auf, was mir zum Thema einfällt. Ohne Sinn und Verstand. Und aus diesem Konglomerat picke ich mir anschließend die Rosinen raus. Manchmal entpuppen die sich zwar als faul, doch dann nehme ich statt der Rosine eben eine getrocknete Aprikose. Wenn ich erst den Anfang habe, klappt’s meistens auch mit dem Rest. Sollte der mir immer noch nicht gefallen, lasse ich ihn eine Weile ruhen, bevor ich mich von Neuem dransetze und ihn überarbeite (habe ich schon gesagt, dass ich eine große Freundin des Überarbeitens bin?). So entstehen selbst dann Texte, wenn ich mal keinen Lauf habe.
Falls mir jedoch ü-ber-haupt nichts einfällt, mache ich eine Pause und gehe mit dem Hund nach draußen. Wozu wohne ich schließlich auf dem Land? Kehre ich dann zurück in mein stilles Schreiberkämmerlein (das meistens gar nicht so still ist, siehe Frühlingssinfonie), hat der Wind meinen Kopf durchgeblasen und meine Gedanken geordnet. Oft fällt mir sogar bereits unterwegs etwas ein, worauf ich am Schreibtisch nicht gekommen wäre. Nur weil ich mich nicht zwanghaft auf das jeweilige Thema konzentriert, sondern meinen Gedanken freien Lauf gelassen habe.
Doch nicht alles, was mir nützt, hilft anderen. Schlussendlich muss jeder selbst herausfinden, wie er die Angst vorm leeren Bildschirm verliert. Da hilft nur Ausprobieren. Ob ich allerdings so weit gehen und mir verfaulende Äpfel auf den Schreibtisch legen würde? Ich weiß nicht …