Doch in der gesamten Zeit, in der die Treppe existiert, habe ich noch niemanden an genau dieser Stelle mit seinem Kanu, Kanadier oder Ruderboot anlegen sehen. Lange habe ich überlegt und gemutmaßt, warum das so ist. In all den Jahren habe ich verschiedene Theorien entwickelt, und jetzt, wo ich bereits alt und grau geworden bin und mein Rücken sich mehr und mehr krümmt, kann ich nicht mehr schweigen. Hier sind sie (von kurz nach lang) – tada, bitteschön!
Es gibt an dieser Stelle einen Strudel, der alle Kanuten in die Tiefe reißt. Keiner taucht je wieder auf.
Der große Hackefisch wacht am Rand des Hakens und lässt niemanden hinein, der das Passwort nicht kennt.
Einige Meter vor dem Haken erscheint jedem Kanuten eine Meerjungfrau, die ihm ins Ohr singt: „Ene, mene, muhne, fahr nicht in die nächste Buhne, ene, mene, meck, sonst bist du jeck.“
Das Schild, das anfangs neben der Treppe stand, ist schon seit Jahren fort (blame it on the Hackefisch). Niemand weiß also, dass es sich um einen Kanuanleger handelt.
Der Anleger befindet sich mitten auf der Kuhweide. Und manchmal kommen dann auch Kühe. Die stellen sich auf die Treppe und kötteln sie voll. Wenn schon Kuhfladen den fleißigen Wanderruderer nicht abschrecken, dann vielleicht so eine Kuh, die einem die lange Zunge und vor allem den imposanten Körper entgegenreckt.
Hier im Ort gibt es kein Ausflugslokal, keine Sehenswürdigkeit, ja noch nicht mal einen Bauchladenbesitzer, der den Wassersportlern am Weserstrand entlangflanierend „Wolle kaufen Eis (Limo, Zigaretten, Bier, Schnaps, Rolex)?“zuruft. Nur Kühe, Gras und Weidezäune. Diese Kombi ist vielen, sagen wir mal, zu speziell.
Dann wäre da noch der Standort der Treppe. Es führt kein Weg zum Kanuanleger. Man kann also das Kanu nicht direkt vom Auto über den Anleger in die Weser setzen, geschweige denn es direkt von dort mit dem Pkw abholen. Meine Vermutung: Die Erbauer der Kanutreppe konnten sich nicht entscheiden: „Bauen wir den Anleger bei der linken oder der rechten Zufahrt zur Weser?“ Vielleicht war der eine in der SPD, der andere in der CDU und beide konfliktscheu, weshalb sie schließlich die Stelle genau dazwischen wählten. Womöglich haben sich die Anleger des Anlegers bei ihrer Ortswahl aber auch etwas gedacht. Vielleicht, dass sie den Kanusportlern damit etwas Gutes tun. Schließlich ist es gesund, das Kanu noch ein paar Meter weit zu schleppen! Das stärkt Arm- und Rumpfmuskulatur, und ein paar Kalorien verbrennt man dabei auch. Nicht zu verachten ist auch der Nervenkitzel, wenn man das Kanu über Elektrozäune hievt.
Wie auch immer: Der Kanuanleger dümpelt nun vor sich hin. Das heißt, er dümpelt natürlich nicht. Es handelt sich immerhin um eine Betontreppe, malerisch eingebettet in Flora und Fauna der Weserauen. Ganz nett ist es allerdings, sich im Sommer auf die Treppe zu setzen und auf die vorbeiziehenden Kanutouristen zu blicken und ihnen zuzuwinken. Allerdings nur, wenn nicht kurz zuvor die Kühe die gleiche Idee hatten.
[…] wie Canu. Wer mit dem Canu (oder Kanu) die Weser hinunterfährt, kann am Kanuanleger Pegestorf Halt machen und die Kühe bewundern, die ihn dort bereits […]