Viele Autoren haben ihren ganz eigenen Schreibstil, für den man sie liebt (oder hasst). Doch nicht nur Vielschreiber, auch die meisten Menschen, die hin und wieder etwas zu Papier oder auf den Bildschirm bringen, haben ihre eigene Art zu schreiben. Zwischen den verschiedenen Schreibstilen gibt es jedoch auch eine Menge Gemeinsamkeiten. Genug jedenfalls, um ihre Anwender in Schreibtypen einzuteilen. Was ich weiter unten getan habe.
Sollte jemand allerdings die wissenschaftliche Grundlage für meine Einteilung suchen, muss ich ihn enttäuschen. Sorry, da ist nix. Nada. Niente. Die Existenz dieser Schreibtypen ist weder empirisch, physikalisch, biologisch noch sonstewie bewiesen. Nö. Ich hab‘ sie mir einfach ausgedacht. Deshalb erhebt meine Liste auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, ganz im Gegenteil. Vielleicht fallen euch ja noch weitere Schreibtypen ein? Falls ja, lasst es mich wissen. Ich freue mich drauf!
Verzichtet auf schmückendes Beiwerk und verwendet fast ausschließlich Sätze, die aus Subjekt, Prädikat und Objekt (SPO) bestehen.
Vorteile: Schreibt immer verständlich und treibt seinen Text mit einem Tempo voran, bei dem andere schwindelig werden.
Nachteile: Treibt seinen Text mit einem Tempo voran, bei dem andere schwindelig werden. Text wirkt auf Dauer etwas eintönig.
Beispiel: Der Mann streichelte den Hund. Der Hund biss den Mann. Der Mann trat den Hund. Der Hund lief davon.
Wenn er erzählt, wird’s ausschweifend. Er kommt einfach nicht auf den Punkt.
Vorteil: Man kann vieles einfach überlesen, weil es die Geschichte nicht vorantreibt.
Nachteil: Man kann vieles einfach überlesen, weil es die Geschichte nicht vorantreibt.
Beispiel: Gestern, ich glaube, es muss zwischen 13.45 Uhr und 13.46 Uhr gewesen sein, hat auf der Universitätsstraße – das ist die Straße, die an der Universität entlangführt und die ich täglich entlangfahre – ein Hund einen Mann gebissen. Der Mann,das war Herr XY. Ihr wisst schon: der, den man immer im Fernsehen sehen kann. Er hat schon vor 20 Jahren eine Spielshow moderiert, die „Zwei werden gewinnen“ hieß und die dann abgesetzt wurde, weil man fand, dass zwei vielleicht doch einer zu viel ist. …
Er drechselt Sätze mit so vielen Verschachtelungen, dass sie irgendwann keiner mehr nachvollziehen kann.
Vorteil: Eignet sich hervorragend für Texte, die keiner verstehen soll (allgemeine Geschäftsbedingungen, Gebrauchsanweisungen usw.).
Nachteil: Kaum jemand versteht, was er schreibt. Vielleicht nicht mal er selbst.
Beispiel: Der Hund, der den Knochen fraß, der von einem Rindvieh stammte, das auf der Weide graste, deren Grashalme grün waren, aber nicht zu grün, sondern gerade richtig, wenn auch vielleicht nicht richtig grasgrün, verschluckte sich am Knochen, der anscheinend einige spitze Widerhaken besaß, die daraus resultierten, dass das Rind nicht ordnungsgemäß zerlegt worden war, sondern in einem illegalen Schlachthof, der in einem kleinen Dorf, das für seine Schlachthöfe berühmt war, auseinander genommen worden war, biss seinen Besitzer, der gerade zur Tür hineinkam, die bis dahin abgeschlossen gewesen war und deshalb nicht offen gestanden hatte, ins Bein, weil er lieber einen Markknochen von einem Rind gehabt hätte, das aus Argentinien, dem Land der Gauchos und des neuen Papstes, der sich als Erster Franziskus genannt hat, stammte.
Schreibt nicht gern, bringt daher nur das Nötigste zu Papier.
Vorteil: Man braucht nicht viel zu lesen.
Nachteil: Man hat nicht viel zu lesen.
Beispiel: Der Hund biss den Mann.
Kennt nur das Passiv. Dass Menschen oder Tiere auch aktiv werden können, ist ihm fremd.
Vorteil: Keiner seiner Protagonisten ist böse, er wurde höchstens böse gemacht.
Nachteil: Gääähn.
Beispiel: Der Mann wurde vonseiten eines Hundes ins Bein gebissen. Dieses wurde um 13.45 Uhr von einem Passanten beobachtet. Seitens der Polizei wurde gesagt, dass gegen den Hund ermittelt werde.
Liebt Metaphern und Vergleiche über alles.
Vorteil: Schreibt anschaulich.
Nachteil: Schreibt manchmal zu anschaulich.
Beispiel: Der treue Gefährte biss den Mann ins Bein, das wie ein Baumstamm wirkte. Der stieß daraufhin einen Schrei aus, der durch Mark und Bein ging wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer Schultafel.