• Maisophobie und der King

    Gleich wird der Mais mit seinen Klauenfüßen den ersten Schritt machen ...

    Gleich wird der Mais mit seinen Klauenfüßen den ersten Schritt machen …

    Heute Morgen ging ich zwischen Maisfeldern spazieren. Der Mais stand hoch. Zu hoch, um darüber hinwegzusehen. Dennoch fühlte ich mich beobachtet, und mir war, als verberge der Mais Dinge, die nicht gesehen werden wollen.

    Die Maispflanzen bewegten sich. Ich ging schneller. Ein Rascheln und ich meinte, aus dem Augenwinkel eine Bewegung im Mais wahrzunehmen. Genauer hinschauen wollte ich nicht. Stattdessen beschleunigte ich meine Schritte nochmals. Zog den Hund hinter mir her, der mittlerweile am Rand des Maisfelds stand, die Nase weit nach vorn gereckt. Nur noch ein paar Meter bis zum nächsten abgemähten Getreidefeld. Weg von den bedrohlichen Maispflanzen mit ihren Klauenfüßen, die den Eindruck erwecken, sich im nächsten Moment aus dem Boden zu stemmen und zuzupacken.

    Natürlich ist nichts passiert. Das vermutlich Schlimmste, was hätte geschehen können, wäre gewesen, dass ein Wildschwein aus dem Maisfeld herausbricht. Doch meine Furcht vor Maisfeldern ist einfach da. Und zwar seit ich vor vielen Jahren die Geschichte „Kinder des Mais“ gelesen habe. Eine Geschichte von Stephen King.

    Mein Lieblingsautor – seit Jahren

    Stephen King, dessen Schriftstellerkarriere vor 40 Jahren mit der Veröffentlichung von „Carrie“ begann, begleitet mich nun schon viele Jahre lang. Genauer: Seitdem ich zwölf bin. Naja, natürlich ist es nicht Stephen King selbst, der mich begleitet, sondern seine Bücher. Und ganz häufig, wenn ich jemandem erzähle, dass King bereits über Jahre mein Lieblingsautor ist, weil er einfach großartig schreibt, ernte ich … nein, keinen Mais, sondern irritierte Blicke.

    Beim Lesen lernen

    Ich frage mich wirklich, warum das so ist. Weil viele mit King hauptsächlich Horror verbinden und Horror gemeinhin eher als minderwertig angesehen wird? Schade. Denn von Stephen King können Autoren und Autorinnen jede Menge lernen. Und zwar nicht nur, wie man Spannung aufbaut und hält.

    Sondern auch:

    • Wie man großartige, unvergessliche Charaktere entwickelt (z. B. den Klub der Verlierer aus „Es“, Jack und Danny Torrance aus „Shining“ und „Doctor Sleep“, Jake und Sadie aus „Der Anschlag“).
    • Wie man Personen beschreibt, sodass die Leser und Leserinnen sie vor sich sehen, ohne bei der Beschreibung zu sehr ins Detail zu gehen (Für die Öffentlichkeit sind die Ehefrauen berühmter Schriftsteller praktisch unsichtbar, und niemand wusste das besser als Lisey Landon. Erster Satz des Romans „Love“).
    • Wie man die passende Atmosphäre herstellt.
    • Wie man Sätze schreibt, bei denen man einfach nur „Hach“ machen möchte, so schön sind sie (Home is watching the moon rise over the open, sleeping land and having someone you can call to the window, so you can look together. Home is where you dance with others, and dancing is life. oder But stupidity is one of two things we see most clearly in retrospect. The other is missed chances. – beide aus „11/22/63“ bzw. „Der Anschlag“).

     Nicht alles war gut

    Klar hat auch Stephen King Bücher geschrieben, die mir weniger gefallen haben. „Das Monstrum – Tommyknockers“ z. B. fand ich einfach schlecht. Doch neben den vielen, vielen großartigen Geschichten sind diese nur eine Randnotiz.

    Nur eine kleine Auswahl von Kings Büchern.

    Nur eine kleine Auswahl von Kings Büchern.

    Kings Romane, die er in den letzten Jahren geschrieben hat, fand ich jedenfalls durchweg gut, so z. B. auch sein Buch „Joyland“, das manche enttäuscht hat, die Horror erwartet haben. Denn bei „Joyland“ handelt es sich vielmehr um eine Geschichte übers Erwachsenwerden, einen sogenannten Coming-of-age-Roman. Für Menschen, die es nicht so mit Horror haben, als Einstieg in den King-Kosmos wunderbar geeignet. Genauso übrigens wie „Der Anschlag“, der für mich eine der schönsten (und unkitschigsten) Liebesgeschichten ist, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.

    Ich jedenfalls hoffe, dass King noch sehr lange lebt und weiterhin so produktiv bleibt, wie er es immer war. Denn spätestens, seit ich mit 15 Jahren „Brennen muss Salem“ gelesen und mich so gefürchtet habe, dass ich nachts mein Fenster nicht mehr offen stehen ließ und nur noch mit Kreuz um den Hals geschlafen habe, bin ich dem Meister des Schreckens und seinen Worten verfallen. Dafür nehme ich auch meine Maisophobie gern in Kauf, wenn ich mal wieder spazieren gehe.

    Vielleicht habt ihr ja auch einen Lieblingsautor oder eine Lieblingsautorin. Lasst es mich wissen. Ich freu mich drauf!

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