• 6 Tipps fürs Schreiben interessanter Geschichten

    Dorf und Fluss im Schnee.

    Es ist kalt. Lasst uns am Feuer Geschichten erzählen.

    Der erste Schnee dieses Winters überzieht Felder und Wiesen mit einer federleichten Puderzuckerschicht. Es ist die Zeit der Bommelmützen, Wollhandschuhe und roten Nasen. Aber auch die Zeit, sich ans Feuer zu setzen und Geschichten zu erzählen. Oder aber aufzuschreiben. Wenn man Glück hat, überdauern manche von ihnen und werden noch Jahre später erzählt oder gelesen.

    Ob man eigene Erlebnisse in Erzählform packt, sich ein Märchen oder etwa eine Piratengeschichte ausdenkt, ist dabei egal. Gut erzählt kann beides gleichermaßen spannend sein. Der Vorteil eigener Erlebnisse: Man muss sich nichts ausdenken, sondern sich nur erinnern. Der Nachteil: Eigene Erlebnisse spannend zu erzählen, kann gerade deshalb besonders schwierig sein.

    Wer nicht nur für sich selbst schreibt, sollte ein paar Dinge beachten, damit andere den Text gern lesen und sich nicht nur mit ihm herumquälen, weil der Verfasser zufällig der Erbonkel ist. Die folgenden sechs Tipps helfen, eine Geschichte interessanter und zugleich spannender zu machen, unabhängig davon, ob man seine Urlaubs- oder Lebenserinnerungen niederschreibt oder sich eine Geschichte ausdenkt.

    1. Werde dir im Vorfeld über den Kern deiner Geschichte klar

    Stell dir die Frage: Was ist das Besondere an der Geschichte?

    Negativbeispiel
    Ich bin im Urlaub gewesen. Zuerst bin ich ins Flugzeug gestiegen, dann ins Hotel gefahren, dort haben wir zu Abend gegessen, später habe ich eine Kakerlake im Zimmer erschlagen, am Folgetag habe ich mich beschwert, danach bin ich zum Strand gegangen usw.

    Zum Gähnen langweilig, oder? Und warum? Na, die Ereignisse werden nur aufgezählt, es wird nichts herausgehoben, die Geschichte hat keine Besonderheit und keinen roten Faden – außer, dass sie in der zeitlichen Abfolge erzählt wird.

    Besser
    Wäre der Kern/die Besonderheit der Geschichte die Begegnung mit der Kakerlake, könnte der Text richtig interessant werden. Eine Geschichte mit dem Titel „Der Kampf mit der Kakerlake“ könnte sich einerseits zwar in eine Reihe von besonderen Urlaubserlebnissen einfügen, andererseits ganz für sich allein stehen.

    2. Erzähl nicht erst eine lange Vorgeschichte

    Auch nicht, weil du meinst, du müssest erst eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Steig lieber sofort in deine Geschichte ein. Die Geschichte sollte an dem Punkt beginnen, an dem es spannend wird.

    Beispiel
    Berichtest du vom Kampf mit der Kakerlake, fang nicht damit an, wie du deine Koffer für deinen Urlaub packst, sondern etwa mit dem Augenblick an deinem ersten Urlaubsabend, in dem du erstmals ein komisches Rascheln unterm Bett hörst.

    3. Verzichte auf allzu allgemeine Aussagen

    Beschreibe lieber kleine Besonderheiten, damit vorm inneren Auge des Lesers ein Bild entsteht.

    Negativbeispiel
    Das Hotelzimmer war gut ausgestattet.

    Unter dieser Beschreibung kann man sich nichts vorstellen. Was genau heißt gut ausgestattet? Für den Scheich ist ein Hotelzimmer womöglich erst dann gut ausgestattet, wenn sich im Bad goldene Wasserhähne finden. Dem Rucksackreisenden reicht vielleicht schon eine bequeme Matratze.

    Besser
    Das Hotelzimmer hatte nicht nur zwei bequeme Betten, ein Sofa zum Lümmeln und einen großen Tisch, das Personal hatte sogar das erste Blatt der Rolle Toilettenpapier zu einem kleinen Vogel gefaltet.

    4. Beschreibe nicht um des Beschreibens willen

    Sondern um den Leser etwas zu zeigen, das für den Fortgang der Geschichte wichtig ist, oder um eine bestimmte Atmosphäre zu schaffen.

    Negativbeispiel
    Das Zimmer hatte rote Teppiche, grüne Vorhänge, einen Rattantisch, auf dem ein Stapel Zeitungen lag. Auf dem Bett lagen drei dicke Kissen und eine Decke mit einem roten Bettbezug. Gegenüber vom Bett befand sich die Tür zum Badezimmer. Beiderseits davon standen zwei Schränke, einer für Kleidung, der andere für Schuhe. Vor dem Fenster war ein Schreibtisch aufgebaut … usw.

    Man weiß jetzt zwar, wie das Zimmer aussieht, doch eine ellenlange Beschreibung kann ermüdend sein, vor allem, wenn sie nicht wichtig ist und nur Informationen vermittelt, die der Leser eigentlich nicht braucht.

    Besser
    Das Zimmer hatte grüne Vorhänge und einen Teppich, dessen knalliges Rot mit dem grellen Türkis der Bettwäsche darum zu konkurrieren schien, die Augen des Hotelgastes als Erstes zu blenden.

    Dieser Satz ist gleichzeitig Beschreibung und Wertung in einem. Der Leser merkt sofort, dass der Erzähler das Hotelzimmer scheußlich findet, ohne dass dies direkt gesagt wird. Die Beschreibung lässt also ein Bild vorm inneren Auge entstehen und hat zugleich eine Funktion.

    5. Lass die Dinge weg, die die Geschichte nicht voranbringen

    Dazu gehören langatmige, nichtssagende Dialoge, ellenlange Beschreibungen oder auch Berichte über Dinge, die mit dem Kern der Geschichte nichts zu tun haben, die du aber irgendwie nett fandest und deshalb unbedingt erzählen wolltest.

    6. Lass deine fertige Geschichte ein paar Tage reifen …

    … und lies sie anschließend noch einmal durch. Und zwar am besten laut. Dann merkst du am ehesten, an welchen Stellen es noch „holpert“. Streich beim nochmaligen Durchgehen Absätze oder Sätze, die den Fortgang der Geschichte noch behindern – selbst wenn du sie besonders schön findest. Keine Angst: Sie sind nicht verloren! Eine andere Geschichte wartet vielleicht schon auf sie. Heb sie dir auf.

5 Responsesso far.

  1. Redarkz sagt:

    Danke für die Tipps, denn so hab ich die sache ehrlih gesagt nicht betrachtet ich fand die „unnötigen“ details immer so als ein Element für die Erschaffung einer neuen Welt. Aber es ist halt leider so wie es ist und ich musd jetzt die hälfte meiner Geschichte kürzen haha 😀

  2. chrisi.feh sagt:

    Danke für die Tipps. Jedes Mal wenn ich eine Geschichte beendet hatte, war ich stolz darauf und in meinen Augen war sie gut so wie sie war. Wenn ich sie dann nach einiger Zeit wieder gelesen hatte, fand ich, dass es klang als hätte es ein Kind geschrieben. Es gab nichts in meinen Geschichten, dass einem im Gedächtnis blieb oder das einen Nahe trat, und das, obwohl auch traurige Momente Teil des Buches sind. Sie wirken einfach langweilig. Dann hörte ich von deinem E-Book Show, don’t tell und ich muss sagen, ich war überrascht wie gut es klang wenn man etwas „zeigen“ wollte. Zwar kenne ich nicht das ganze Buch, aber vielleicht werde ich es mir bestellen um meine neuen Ideen damit besser umzusetzen

  3. Vor Allem der 6. Punkt gefällt mir: Reifen lassen.

    Wenn ich meine Geschichten fertig habe, will ich sie immer SOFORT veröffentlichen. (Oder wegwerfen… kommt auch vor 😉 )

    Die Sache mit dem reifen lassen finde ich sehr wertvoll. Denn nach ein paar Tagen fallen mir plötzlich ganz andere Dinge, Fehler, Logiklücken in meinem Plot auf. Eben Dinge, die mir beim Schreiben alle ganz „klar“ waren.

    Als ich vor einiger Zeit – vermutlich hat das jeder schon mal erlebt – eine Schreibblockade hatte, habe ich nach Inspiration gesucht. Vorlagen. Templates. Irgendwas, dass ich als Starthilfe verwenden könnte, ohne dabei abzuschreiben.

    Daraus hat sich ein (wie ich finde) ebenfalls cooler Artikel über Geschichten schreiben nach Plot-Vorlagen entwickelt, den ich hier gerne mit beisteuere, in der Hoffnung, vielleicht auch dir zu helfen, wenn du gerade in einer Blockade steckst.

    Was hilft dir bei Schreibblockaden am besten?

    Liebe Grüße,

    Holger Theymann

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