„Oje, das kann ja was werden!“, dachte ich und blickte zum Himmel. Schließlich trug ich nur leichte Sommerkleidung. Für den geplanten Stadtbummel hatte ich meine Gummimontur zu Hause gelassen. Macht sich nicht ganz so gut in dieser Umgebung. Zumindest, wenn man nicht als Fahrradtourist oder Alien behandelt werden möchte.
Doch zum Glück gibt es das, was man unterschiedliche Wahrnehmung nennt. Die zwei – oder vielleicht auch drei, wer weiß das schon? – feinen Regentropfen, die mir ins Gesicht fielen, während ich meinen Kopf in den Nacken legte, waren der Bewegung nicht wert.
„Das nennt man heute also Pladdern“, sagte ich lauter als geplant zu mir selbst und schenkte dem Ehepaar, das sich über den vermeintlichen Wolkenbruch ausgelassen hatte, einen verächtlichen Blick. Den ich jedoch postwendend (oder sagt man heute mailwendend?) zurückbekam. Vielleicht schauten sie mich aber auch nur mitleidig an. Eine Frau, die mit sich selbst spricht, erreicht auf der nach oben offenen Mitleidsskala scheinbar einen höheren Wert als selbst die freakigsten Gestalten im TV.
Doch das Mitleid war ganz auf meiner Seite (wenn ich ehrlich bin, war es wohl eher Unverständnis): Während das Paar verschreckt ins Einkaufszentrum zurückkehrte, machte ich mich nämlich auf den Weg in die Fußgängerzone. Und wurde kein einziges Mal weggedrängelt, -geschoben oder weggeschubst. Dank des feinen Nieselregens konnte ich an einem Samstagvormittag durch die Stadt gehen, ohne angerempelt zu werden oder im Trubel gereizt darauf zu warten, langsamere Passanten zu überholen.
Okay, meine mühselig in Form gebrachten Haare lagen danach zwar meinem Kopf an wie eine Badekappe mit Fransen, und an einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb hätte ich nur dank meiner Latzhose (ähem … und vielleicht noch wegen meines Alters) nicht teilnehmen können, aber wenigstens kam ich mir diesmal in der Stadt fast vor wie auf dem Land: unter meinen Füßen das kopfsteinähnliche Pflaster der Fußgängerzone und so wenig Leute auf der Straße, dass ich jeden Einzelnen hätte grüßen können. Hab ich aber wohlweislich gelassen. Eine Dosis Mitleid pro Tag genügt.
Guten Morgen Simone,
deine kleinen Geschichten aus dem Leben lassen den Tag am frühen Morgen schon fröhlich beginnen.Ich habe herzlich gelacht. Ich bin gespannt, was dir sonst noch alles begegnet.
Liebe Grüße
Martina
Liebe Martina,
danke! Ich bin auch sehr gespannt. Man denkt ja immer, das Leben auf dem Land sei langweilig. Von wegen …