Wir gehen mit den Hühnern zu Bett und stehen mit dem ersten Hahnenschrei wieder auf. Wichtige Geschäfte verrichten wir in einem kleinen Herzhäuschen im Garten. An Wochentagen tragen wir Latzhosen, Karohemden und Gummistiefel, die Frauen zusätzlich eine Schürze und ein Kopftuch, am Wochenende die traditionelle Tracht, in der wir auf den zahlreichen Schützen- und Volksfesten glänzen. Unsere Kinder haben rote Wangen, spielen den ganzen Tag im Freien und antworten auf die Frage, was sie denn später einmal werden wollen, ganz selbstverständlich mit einem Wort: „Bauer.“
Fernsehen oder gar Internet? Modernes Teufelszeug! Bücher? Landwirtschaftspostille und Omas Kochbuch reichen aus. Bildung? So ein Quatsch! Haben wir früher auch nicht gebraucht.
Kein Wunder, dass Maßnahmen in die Infrastruktur das Land immer als Letztes erreichen. Zeichnen doch Zeitschriften, die das Leben auf dem Land verherrlichen, und Fernsehsendungen, in denen Landwirte Lebenspartner suchen, ein ähnliches wie das eben beschriebene Bild. Und Bauern brauchen schließlich keine neuen Schulen oder Straßen, sie arbeiten ohnehin schon als Kinder auf dem Feld und haben ihre Traktoren, die mit Schlaglöchern problemlos fertigwerden.
Nur dass das mit der Wirklichkeit genauso wenig zu tun hat wie die Vorstellung, alle Hauptstädter seien arm, aber sexy. Verständlich, dass viele ländliche Regionen sich deshalb allmählich abgehängt fühlen, weil in sie nur wenig investiert wird, und trotz der scheinbar größer werdenden Sehnsucht nach dem Einfachen mehr Menschen von hier fort- als herziehen.
Doch ich will nicht klagen. Wenn niemand mehr da ist, mit dem ich mich unterhalten kann, setze ich mich einfach abends auf die Bank vorm Haus und heule zusammen mit meinem großen, schwarzen Hofhund den Mond an, hinter dem wir leben.